Jedes Jahr im Juni feiern etliche Nationen, Unternehmen und andere Organisationen den Pride Month. Die Mannigfaltigkeit der Festlichkeiten rangiert von Gleichberechtigungskampagnen über Regenbogenfilter auf diversen Social Media Profilen bis hin zu den bunten Christopher-Street-Day-Paraden. Der in den Staaten titulierte „June Pride Month“ basiert auf einer Erinnerungskultur an den Aufstand Homosexueller, die 1969 in New York lauthals gegen die Polizeidiskriminierung und für die Gleichberechtigung protestierten. Nachdem in der Bar „Stonewall Inn“ willkürliche und erniedrigende Kontrollen seitens der New Yorker Polizei durchgeführt wurden, gilt die folgende Auseinandersetzung als einer der Startpunkte einer langen Reise hin zu einer gleichberechtigten und selbstbewussten LGBT Community.
Heutzutage wird der Pride Month in vielen Nationen, vor allen Dingen in den USA und in Europa, zelebriert.
Die immer größer werdenden Aktionen und Paraden hatten zur Folge, dass das Thema Diversität sowie die anhaltende Diskriminierung gegen LGBT-Personen ganz weit oben auf der politischen Agenda landeten. Und Social Media spielt für den globalen Erfolg eine entscheidende Rolle.
Überall auf der Welt versuchen Unternehmen, ihre Kommunikation dieser inklusiven und akzeptierenden Ära anzupassen – was natürlich auch jegliche Marketingkommunikation einschließt.
Organisationen und Unternehmen erkennen aufgrund von ausgefeilten Datensätzen immer mehr, dass Social-Media-Marketing als unfassbar mächtiges Werkzeug eingesetzt werden kann, um Produkte und Dienstleistungen zu verkaufen. In den letzten zehn Jahren wuchs das Volumen an investiertem Geld kontinuierlich – und in den nächsten Jahren wird dieser Trend sicherlich nicht abbrechen.
Unternehmen jeglicher Größe wollen ihrer offenen Unternehmenskultur Ausdruck verleihen und initiieren Umzugswagen, kaufen Tickets für die Paraden oder denken sich andere Marketingmaßnahmen aus, um sich in diesem neuen positiven Licht der Akzeptanz zu sonnen und in aller Öffentlichkeit das Unternehmen mit den Attributen Toleranz, Vielfalt und Inklusion zu verknüpfen. Und jedes Jahr werden diese Gesten und Aktionen größer, bunter und somit auch teurer.
Und es ist nicht schwer zu erkennen, warum sie das machen.
Wer auf Social Media nicht öffentlich und voller Inbrunst authentisch darlegen kann, dass sein Unternehmen für die Werte Toleranz und Inklusion eintritt, wird auf Dauer sehr schnell hinter all jenen zurückfallen, die sich demonstrativ hinter die LGBT-Bewegung stellen.
Aktuelle und zeitbezogene Inhalte zu erstellen, ist ein dauerhafter und mühsamer Prozess von Unternehmen – und das sollte es auch. Glücklicherweise ist es in diesem Fall nicht schwer, Inhalte für dieses globale Event zu erstellen. Wer sich hier auf Mitarbeiterebene oder gegenüber der Community authentisch präsentieren kann, wird es leicht haben, positives Feedback (gerade bei den digital natives) zu generieren und sich und seine Produkte oder Services in einem zukunftsgerichteten und modernen Licht zu stellen.
Aber inmitten all dieser bunten Regenbogenflaggen, Paraden und dem kreativsten Weg, um das Firmenlogo in bunten Farben erscheinen zu lassen, gibt es einige wichtige Punkte, die Unternehmen beachten sollten, wenn sie Inhalte für ihre Social-Media-Kanäle erstellen.
Der Inhalt und die Tonalität deiner Kommunikation sagt grob gesagt alles über dein Unternehmen aus und ist dementsprechend ein Spiegelbild, welches nach außen getragen wird.
Einzustehen für Vielfalt und die Herausforderung nicht zu scheuen, für Gleichheit am Arbeitsplatz zu sorgen, sind Dinge, die man nicht auf den Monat Juni limitieren sollte. Natürlich sollten deine Inhalte diese wichtigen Attribute der Unternehmenskultur das ganze Jahr über reflektieren.
Und Inklusion impliziert nicht nur die Unterstützung für LGBT-Personen.
Wir geben dir jetzt ein paar Tipps, wie man Inklusion und Gleichberechtigung in einer ehrlichen und aufrichtigen Art nach außen kehrt:
1. Wissen, worüber man redet
Dies ist wahrscheinlich der offensichtlichste Punkt – was ihn aber nicht weniger wichtig macht. Gerade wenn es um eine diffizile und viel verflochtene Thematik geht, sollte man ganz genau wissen, worauf man sich bezieht.
Es dürfte einleuchtend sein, dass man ganz genau darauf achten sollte, woher man die wichtigen Informationen in seiner Recherche bezieht. Deine Follower sind sehr kluge und selbstbewusste Menschen, die eine langwierige Debatte nicht scheuen. Also gib ihnen auch kein Grund dazu!
Zunächst gilt es, eine Basis aufzubauen. Du musst sicherlich keine Seminare über Diversität einbuchen, um deine wichtigen Schreiber:innen und Content-Produzenten:innen mit der Thematik vertraut zu machen – ehrlich gesagt, ergibt sich das je nach Mitarbeitende zum Teil selbst. Dennoch sollten alle in einem kurzen Meeting auf Linie gebracht werden, um Fettnäpfchen zu umgehen und No-Gos im Wording zu benennen. Das gilt umso mehr, wenn werbliche Inhalte mit der LGBT-Thematik produziert werden sollen.
Trotz aller offensichtlichen Fehler entdeckt man dennoch immer wieder weltweit Ansätze, die auf Webseiten, im TV und auf den Social-Media-Kanälen das unbehagliche Aufgären von Fremdscham auslösen. Hier gilt es, den richtigen Ton zu finden!
Wer hier und bei anderen sensiblen Themen wie Rassismus, Sexismus oder körperlicher und geistiger Behinderung einen zwar gut gemeinten aber schlecht ausgeführten Fehltritt begeht, betritt trotz der guten Absichten schnell das Gebiet der negative Wahrnehmung.
2. Wissen, zu wem man redet
Jeder, der schreibt oder im Social-Media-Bereich unterwegs ist, weiß, dass man immer die Zielgruppe vor Augen haben sollte, für die man die Inhalte produziert. Dazu gehören fundierte Informationen über Interessen, demographische Daten und andere wichtige Schlüsselinformationen, die als Basis für ein gutes Marketing fungieren sollen. Nur so kann die Zielgruppe auch wirklich emotional adressiert werden.
Diese Informationen sind entscheidend für die richtige Ansprache und einen tadellosen Stil. Inhalte im Kontext des Pride Month sollten stilsicher und mit der richtigen Tonalität aufgesetzt werden – was generell das ganze Jahr auch für andere Themen gelten sollte.
Je nach Industriesektor ändert sich natürlich auch der Stil und die Ansprache. B2B-Unternehmen legen ihren Fokus eher auf employer branding und community building, hingegen B2C-Unternehmen die Kommunikation naturgemäß auf das Produkt und die Kunden legen.
Eine Kleidungskollektion für Jugendliche wird in der Regel bereits einen sehr digitalen, progressiven und modernen Marketingauftritt hinlegen und würde im Kontext des Pride Months eher die in der Demographie schon stark etablierten Werte lediglich verstärken. Selbstbewusste und extrovertierte Bilder sind hier eher anzunehmen, indem die vorherrschende Akzeptanz unter jungen Menschen auf eine generalisierte Welt abstrahiert wird.
Andersherum wird ein Bauunternehmen eher den Fokus auf Gemeinschaft und gemeinsame Werte setzen.
3. Wie man die richtigen Wörter wählt
Eine simple und einfache Message zu nutzen, ist oftmals klüger, als mit gewagten Bildern und Texten zu hantieren. Hier sollte man sich lieber zurückhalten und die Inhalte genau auf die Zielgruppe abgleichen, bevor man als aufdringlicher Post im Feed wahrgenommen wird.
Das kann natürlich in einem linguistischen Drahtseilakt enden. Es ist nicht immer einfach, die richtigen Pronomen und Begriffe zu nutzen, die auch das aktuelle Zeitgeschehen widerspiegeln.
Als Beispiel: Wir nutzen zum Beispiel den bereits etablierten Begriff LGBT, der aber durchaus in einem anderen lokalen oder zeitlichen Kontext LGBTIQ sein könnte. Hin und wieder tauchen auch die Begriffe LGBTQ und LGBTQIA+ auf.
Unser Ziel beruhte auf einer einheitlichen Schriftweise.
Ganz generell gilt bei Geschlechterthemen, dem Gendern, Rassismus oder historischen Bezügen: Es ist hier von extremer Wichtigkeit, nichts falsch zu machen. Es allen recht zu machen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Dennoch sollte man versuchen, stets auf sicherem Terrain zu verweilen.
Am besten wählt man bereits etablierte Begriffe. Hier kann die Google-Suche sehr hilfreich sein: Welche Begriffe werden am häufigsten von seriösen Seiten genutzt? Und falls es dennoch Unklarheiten gibt: Einfach bei LGBT-Personen im Umfeld nachfragen.
4. Inkludieren und nicht exkludieren
Social-Media-Posts über den Pride Month müssen nicht zwangsweise in endlosen Huldigungen, Lobpreisungen und limitierten T-Shirts in Regenbogenfarben enden. Es sollte mehr darum gehen, die Vielfalt und Diversität innerhalb der eigenen Community zu zelebrieren und als Unternehmen ganz natürlich mit dem Thema umzugehen. Wie gesagt: Wer sich hier überkandidelt aufdrängt oder gar mit veralteten Stereotypen hantiert, wird schnell mit dem Wort „cringe“ etikettiert.
Stattdessen sollte man eine solide Kommunikation fokussieren, in der sich jeder der Rezipienten wiederfindet – egal welchem Geschlecht, sexueller Neigung oder Herkunft.
5. Ein authentischer Auftritt
Wir sind uns sicher, dass du als Leser:in in einem Unternehmen arbeitest, welches sehr darauf bedacht ist, die Mitarbeiter:innen und die Community wertzuschätzen.
Leider wird die vielfältige Social-Media-Welt das nicht immer so auf Anhieb unterschreiben. „Und wieder ein Unternehmen, welches sich zu Marketingzwecken bunt anstreicht”, sind durchaus Gedanken und Tendenzen, die sich in Kommentaren widerspiegeln könnten. Nach dem sehr populären green washing fallen plumpe Versuche ebenso in die Kategorie rainbow washing.
Es existiert also eine sehr dünne Linie zwischen wahrgenommener Anbiederung und ernstgemeinter Authentizität. Gerade bei Unternehmen, die über ihre Social-Media-Kanäle eher Produkte verkaufen wollen, wird der Versuch einer Pride-Month-Kommunikation gerne als billiger Trick gesehen, um über die Thematik das Unternehmen modern aufzuladen, um dann letzten Endes doch nur Produkte verkaufen zu wollen.
Das liegt auch daran, dass jedes Jahr die Masse an Inhalten mit LGBT-Kontext zunimmt und damit auch das subjektive Gefühl entsteht, dass alles lauter werden muss, um Gehör zu finden. Das ist zunächst keine schlechte Sache und drückt eigentlich nur aus, dass man nicht mehr über die Akzeptanz als solches sprechen muss, sondern lediglich das Verorten in der Mitte der Gesellschaft zelebriert.
Dennoch gilt: Anstatt sich dieser allgemeinen Netiquette anzuschließen und gedankenlos das Firmenlogo in Regenbogenfarben zu posten, würde es helfen zunächst zu fragen: Mache ich das als Unternehmen, weil man das Gefühl hat, es zu müssen anstatt wirklich zu wollen? Oder andersherum folgende Fragestellung: Welcher Inhalt würde zu unserem Unternehmen passen und wie kann ich das passend und ehrlich umsetzen, damit es auch so wahrgenommen wird?
6. Inklusion als Maßstab der Content-Produktion
Natürlich sollte das Thema der Inklusion (jedweder Couleur) nicht nur ein Thema im Juni sein. Sofern es im Unternehmen gelebt wird, ist es durchaus auch in den anderen elf Monaten ein Posting wert - wenn es passt.
Hierfür sollte man sich aber auch Zeit nehmen und genau überlegen, welche Bilder wirklich die Vielfalt im Unternehmen widerspiegeln und wie man sie auf natürliche Weise kommunizieren kann. Außerdem kann es hilfreich sein, wenn sich die Vielfalt auch im Team der Content-Produktion wiederfindet.
Wer nach außen transportieren kann, dass Vielfalt im eigenen Unternehmen gelebt wird, setzt zudem inhärente Kräfte frei, indem die Firma für potentielle Bewerber als weltoffen und modern wahrgenommen wird, was wiederum die Diversität begünstigt.
7. Bereite dich auf das Community Management vor
Auch wenn die urbane, globale Welt in den meisten Nationen den Weg der allgemeinen Gleichheit weiterhin voranschreitet, bedeutet das nicht, dass sich Hasskommentare und Unverständnis in den Kommentarzeilen einschleichen.
Diese Kräfte sind sehr gut auf Social Media vertreten – sie sind zudem sehr laut und geben sich kämpferisch.
Was bedeutet das also für dich? Zunächst sollte man gewappnet sein und eine grundsätzliche Strategie besitzen, mit welcher Tonalität und Ausdauer man diesen Kommentaren entgegnen will. Aber vor allen Dingen sollte man als Moderator ein wachsames Auge auf Trolle und Kommentare haben, die den Bogen überspannen.
Auch wenn Antworten individualisiert formuliert werden, sollte es ohnehin im Unternehmen eine generelle Richtlinie geben, wie man auf rassistische, homophobe oder transphobe, sexistische und andere vorurteilsbehaftete Inhalten reagieren sollte.
Und weil die Antworten auch direkt mit der Wahrnehmung des Unternehmens korrelieren, sollte man sich nicht nur dessen bewusst sein, sondern gleichzeitig einheitlich und zeitnah reagieren.
8. Diversity always matters
Die Punkte, die wir hier genannt haben, sollten auch außerhalb des Monats Juni Gewicht haben und dementsprechend kommuniziert werden. Metaphorisch gesprochen bringt es nichts, wenn man die Regenbogenflagge nach dem Juni in den Keller bringt und nach einem Jahr wieder hervorkramt. Inklusion und Diversität müssen gelebt werden und wenn sie im Unternehmen gelebt werden, dann sollten sie ohnehin ganz natürlich in der Kommunikation auftauchen.
Wir nutzen bei facelift den englischen Begriff "woke" als eher ironisch angehauchte Semantik, in der neben der sarkastischen Note durchaus ein guter Gedanke mitschwingt: Von einem Unternehmensstandpunkt aus gesehen bedeutet das Attribut „woke“, dass man sich der Thematik in aller Tiefe bewusst ist und sich aktiv der Wichtigkeit widmet. Dies sollte sich auch im employer branding wiederfinden.
Und nochmals: Vorsicht vor billigem rainbow washing, was unter Umständen den gegenteiligen Effekt haben kann. Unabhängig der Jahreszeit gilt es, zusammenfassend folgende Punkte zu beachten:
Und wenn wir alle wirklich daran glauben, dass die Menschen, die unsere Arbeitswelt umgeben, das wichtigste Gut eines Unternehmens sind, dann sollten wir immer willens sein, weitere Schritte zu gehen, deren Fußabdrücke intern wie extern unser Anliegen ernsthaft und authentisch demonstrieren.